Unter den über 40 sogenannten
POFs (Prototypen von Objekten in Funktion), die Fabrice
Hybert anlässlich der Ausstellung 'Vivre en POF' auf
dem Campus der Universität Lüneburg im Januar 2003 installieren
ließ, befand sich auch eine 'Landebahn für Außerirdische'.
Sie bestand aus Markierungen, die auf den Fußboden eines
gläsernen Hörsaalgangs appliziert waren; ein rot umrandeter
Kreis mit einem die Gesamtfläche des Kreises durchziehenden
Richtungspfeil auf einen kleineren, direkt angrenzenden
Kreis verweisend, in dem ein Kreuz unmissverständlich
den Ort der imaginären Landung andeuten sollte. Die beiden
seitlich durch gestrichelte Linien gerahmten Kreise bildeten
ein von den Passanten auf ihrem Weg in die Hörsäle oder
in die Bibliothek zu durchquerendes Territorium, dem nicht
ausgewichen werden konnte. Stellen wir uns vor, Fabrice
Hybert hätte den beiden im Rahmen der Ethnomethodologie
berühmt gewordenen Soziologen Lawrence Wieder & Don
Zimmerman für ihre Konstruktion eines außerirdischen Soziologen
ein Denkmal setzen wollen und sie animiert, dieser Kunstfigur
eines erdfremden Sozialforschers die Aufgabe zu stellen,
einen Bericht über den sozialen Gebrauch der POFs zu schreiben.
Als merkwürdige Eigenart der Erdenmenschen ist diesem
Forscher bekannt, "dass ihre Mitglieder fast ohne Unterlass
damit beschäftigt scheinen, sich selbst zu beschreiben
und zu erklären",
dabei mit einem spezifischen Wissenstypus operierend,
dem in vielerlei Hinsicht illusionären Alltagswissen.
Eben dieses Alltagswissen vermag eine 'Landebahn für
Außerirdische' auf dem Gelände einer Universität nicht
zu decodieren – das jedenfalls hätte der erdenfremde
Sozialforscher konstatieren können und damit ein zentrales
Element der Wirkungsweise von Fabrice Hyberts POFs benannt:
den Bruch mit Wissensbeständen des Alltags. Als aufmerksamer
Feldforscher wäre unserem Soziologen allerdings nicht
entgangen, dass diese Strategie des Bruchs seit Jahrzehnten
zur gängigen Praxis der 'Kunstwelt' gehörte und dass derartige
Krisenexperimente, indem sie mit dem Etikett 'Kunst' bezeichnet
wurden, schließlich sozial handhabbar waren, wenn dies
auch keineswegs ein spezifisches Wissen über Kunstwerke
einschließen musste. Die Rezeption von Bildern zum Beispiel,
so hätte Wieder und Zimmermans Soziologe feststellen können,
stellte ein Kunstmittel der Ent-Fremdung dar, sofern Bilder
- einer bestimmten okzidentalen Tradition folgend - als
'essentielle Kopie' (Norman Bryson) der 'Wirklichkeit'
verstanden wurden: sie vermochten Unsichtbares ins Alltagswissen
zu integrieren. Dieser im Sinne der Phänomenologie als
'natürliche Einstellung' fungierende Umgang mit Bildern
wurde vom Modernismus ständig provoziert und konnte als
außeralltägliche, quasi sakrale Bildproduktion sozial
nur anerkannt werden, weil man solche Symbolproduktion
einem Kunstreservat zuschrieb. Hybert knüpft an diese
Tradition des Bruchs mit der 'natürlichen Einstellung'
an, indem er Objekte ins Spiel bringt, die zum Kernbestand
unserer Alltagswelt gehören: ein Schwamm, Tomaten, Plastikschüsseln,
ein Regenschirm, Stühle, Obstbäume, Luftballons. Die Krise
der Wahrnehmung entsteht, weil das Bekannte fremd wird:
eine Treppe ohne Ziel, ein mit einem kleinen rechteckigen
Holzstück markierter Baum, auf einem Tisch 'Alle Wasser
der Welt', eine Unterwasserbrille, die auf ihrer Innenseite
verspiegelt ist, eine Schaukel mit fingerähnlichen Ausbuchtungen
auf dem Schaukelbrett. All dies wie beiläufig in einem
sozialen Raum platziert, der durch Alltagsroutinen charakterisiert
ist, die nicht, wie die spezifischen Orte der Kunstwelt,
den institutionalisierten Bruch einschließen.
Harold Garfinkel,
der 'Messias' der Ethnomethodologen, hat in den 60er
Jahren an einem 'invisible college' lehrend, die sogenannten
'breaching experiments' erfunden: Erschütterungsexperimente,
die, indem sie Alltagswissensbestände in Frage stellten,
zeigen sollten, welche Methoden Menschen verwenden,
um ihre tagtäglichen Situationen zu bewältigen: "The
operations that one would have to perform in order to
produce and sustain anomic features of perceived envirements
and disorganized interaction should tell us something
about how social structures are ordinarily and routinely
maintained."
'Reality work' Probleme ließ er z.B. durch Studenten
entstehen, denen er vorgab, Geschehnisse bei ihrem Besuch
zuhause über einen Zeitraum von 15 Minuten so zu betrachten,
als wären sie Pensionsgäste und nicht Familienangehörige.
Berühmt wurden auch seine Beratungsexperimente, wo Teilnehmer
eines fingierten psychologischen Beratungsgesprächs
von einem vermeintlichen Therapeuten nur Antworten erhielten,
die anhand von Zufallszahlen generiert worden waren.
Sinnlose Sachverhalte und Szenen wurden von den Probanden
interpretiert, als seien sie sinnvoll. Das Programm
der Ethnomethodologen zielte also auf die Beschreibung
der 'folk theories', welche die sozialen Akteure in
ihrer Praxis anwenden, ähnlich den Analysen von Durkheim
über primitive Klassifikationsformen.
Die POFs von Fabrice
Hybert funktionieren in einem gewissen Sinn wie ein
'breaching experiment'. Für den außerirdischen Soziologen
jedenfalls könnte der Eindruck entstehen, dass die Erdengesellschaft
sich soziale Räume leistet, in denen sie wissenssoziologisch
experimentiert; sie vergewissert sich ihrer Verständigungsressourcen,
indem sie diese analysiert. Allerdings wirft der innere
Zirkel der Kunstwelt wohl eher gelangweilte Blicke auf
solcherart 'reality work', hier kann das 'breaching
experiment' nur noch als Markenkonstruktion für den
Künstler fungieren, nicht aber als tatsächliche Verunsicherung
von Alltagswissensbeständen. Die nicht professionell
ausgerichtete Rezipientenschicht der POFs von Hybert,
zumal jene, die seinen Objekten nicht im Kunstkontext
begegnen, mögen zumindest Fragestellungen entwickeln,
die im Sinne von Garfinkel durch die Diskreditierung
von Hintergrunderwartungen entstehen: Bekannte Gegenstände
fügen sich zu Ensembles, denen unmittelbar keine Sinnhaftigkeit
zuzukommen scheint, das Bekannte wird fremd und die
typischen Bewältigungen dieser Situation verlaufen entlang
der Pole Xenophilie (Verherrlichung der Mehrdeutigkeit
und Kreativität) und Xenophobie ( Aggression gegen das
Aushalten von Mehrdeutigkeiten). Während sich im Zentrum
der Kunstwelt die POFs zu visuellen Repräsentationen
von neuen Bedeutungskonstruktionen fügen, einer 'Symbolwelt',
deren Inhalt vom Künstler interessanterweise eher kryptisch
kommuniziert werden muss, wirken die POFs einem breiteren
Publikum gegenüber, als würde die Währung, mit der üblicherweise
bezahlt wird, plötzlich als Zahlungsmittel nicht anerkannt.
Ein ungefähr zwei Meter hoch gewachsenes, breit ausladendes
Buschwerk, üblicherweise im Entrée einer Sparkassenfiliale
platziert, trägt in der Krone ein ca. 1 Meter langes
fabrikneues, unbehandeltes, gehobeltes Brett. Das Brett
drückt einzelne Zweige nieder und befindet sich in einer
Schieflage – es scheint jeden Moment abrutschen zu können.
Um der Bedeutungsgenerierung eine Verankerung zu geben,
nennt Hybert diesen POF 'Der Versicherer'. Die Kunstwelt
fragt an dieser Stelle typischerweise, ob die Arbeit
'gelungen' sei und setzt damit voraus, dass die Situation
durch Bezug auf ein spezifisches Alltagswissen zu bewältigen
ist. Dieser Vorgang soll uns hier weniger interessieren.
Unterstellen wir dem Künstler, dass er den Bruch mit
der 'natürlichen Einstellung' gesucht hat – warum?
Pierre Bourdieu,
der für die Arbeiten der Ethnomethodologen Sympathien
hegte, hat deren Forschungspraxis verstanden als den
Umgang mit 'der Illusion des sofortigen Verständnisses
der Welt, der indigenen Erfahrung'. Das Alltagswissen
ermöglicht eine soziale Praxis, die auf unmittelbarem
Glauben basiert. "Es gibt keine vollständigere und umfassendere
Zustimmung zur herrschenden Ordnung als diese infra-politische
Beziehung der doxischen Selbstverständlichkeit, die
dazu führt, Existenzbedingungen für natürlich zu halten,
die empörend wären für jemanden, der unter anderen Bedingungen
sozialisiert worden ist und der sie nicht durch die
Wahrnehmungskategorien jener Welt erfasste."
Diese doxische Praxis verlässt der Ethnologe oder Soziologe
und wirft sein 'kontemplatives Auge' auf die Methoden,
die zur Anwendung kommen müssen, um jene radikale Zustimmung
zur Welt zu generieren. Die Fremderfahrung versteht
Bourdieu als eine sozial höchst wertvolle Ressource,
die der Gesellschaft wie eine Art Medizin injiziert
werden sollte. Der Bruch mit der 'natürlichen Einstellung'
ist insofern zugleich auch Bruch mit einer bestimmten
Spielart des Universalismus, der im postkolonialen Diskurs
kritisch herauspräpariert worden ist. In diesem Sinne
erzwingen die POFs von Hybert ein Innehalten, das phänomenologische
Epoché, sie verweisen auf Ethno-Methoden der Objektwahrnehmung,
bei denen es sich aufzuhalten lohnt, weil ihre Rezeption
ein Modell dessen enthält, was soziologisch gesprochen
ein soziales Kapital darstellt.
Die politische Linke
hat die 'breaching experiments', das 'garfinkeln', wie
Insider diese Praxis auch nannten, hauptsächlich wegen
ihres Relativismus und Zynismus angegriffen. Die ganze
Forschungspraxis sei nichts weiter als eine 'sophisticated
cocktailparty'
hieß es und Alvin Gouldner ging sogar so weit, Garfinkel
sadistische Motive zu unterstellen: "Der Schmerzensschrei
ist ...Garfinkels Augenblick des Triumphes... Hier
werden Objektivität und Sadismus aufs eleganteste miteinander
verwoben."
Tatsächlich kann man fragen, ob die Ethnologisierung
des Hybertschen POF-Rezipienten wirklich gelingt, ob
der 'Schmerzensschrei' – wenn er denn überhaupt eintritt
– auch zu selbstreflexiven Reaktionen Anlass gibt, zumal
ein wichtiges Element des breaching, die vollständige
Auslieferung in die Situation, nur bedingt gegeben war.
Sozialer Druck zur 'Bewältigung' der Rezeption konnte
nur in ausgewählten Interaktionen erzeugt werden. Selbst
wenn wir eine gelungene 'Erschütterung' unterstellen,
kann auch auf dem Hintergrund der interessanten Grundlagenforschung
der Ethnomethodologen die Frage nicht von der Hand gewiesen
werden, ob die Generierung eines 'Geheimwissens' nicht
eher zu einer Mystifikation des Künstlers führt, denn
zu einer selbstreflexiven Fremderfahrung, wie sie die
Forschungspraxis der Ethnomethodologie intendierte.
Die Auflösung der durch die POFs hervorgerufenen Rätsel
dürfte darin liegen, sie zunächst als Repräsentationsform
von 'breaching experiments' zu lesen, sie aber nicht
'für die Sache selbst' zu halten. Ihr spekulativer symbolischer
Gehalt – also die Konstruktion von Sinnstrukturen, die
sich aus der rätselhaften Verwendung der Objekte ergibt
- stellt aus dieser Perspektive die Kärnerarbeit der
Ent-Fremdung durch die Kunstkritik dar. Dem vorgelagert
ist die Fremdheitserfahrung in der eigenen Kultur.
Einigen POFs waren
Videoabspielgeräte beigestellt, auf denen der Gebrauch
der Objekte, ihr 'Testoo' (Teste tout) von Éliane Pine
Carringhton vorgeführt wurde. Sie sollten eine kontemplative
Partizipation des Publikums verhindern, indem sie die
Aura der Unnahbarkeit, das Tabu der Berührung virtuell
überschritten und zugleich eine Art Schlüssel zur Bedeutungsgenerierung
anboten. Diese Aufforderung zum Test, die dem rituellen
Gebrauch der Kunst ganz entgegen gesetzt ist, ist aber
nur eine Geste, durch welche die Sinnverweigerung noch
verstärkt wird, denn die Objekte sind technisch unzuverlässig,
sie funktionieren nicht 'wirklich', sie sind eigentlich
nur Skizzen: Als solche verweigern sie den illusionistischen
Kunstwerkcharakter und heben ausschließlich ab auf die
Objektkonstruktion als Bedeutungsträger. So wie das
abstrakte Bild die Erwartung der essentiellen Kopie
unterläuft, verweigern die installierten POFs von Hybert
das zu sein, was sie dem ersten Anschein nach zu sein
vorgeben: praktische Gegenstände des Konsums bzw. 'Prototypen',
deren Verwendung für die industrielle Massenproduktion
unmittelbar bevorsteht. Der Vorgang des Testens verweist
aber zugleich auf eine Art Basar- Ökonomie, die hier
gegen den tauschwertorientierten Konsumfetischismus
und gleichermaßen gegen die magischen Praktiken der
white-cube Ästhetik eingeführt wird. Sie zielt auf eine
aktivische Partizipation der Rezipienten. Wir können
fragen, ob diese intendierte Involviertheit des Publikums
über das poststrukturalistische Konzept vom 'viewer
participant' hinausgeht. Wenn wir uns die Betrachter
als Mitwirkende bei der Bedeutungsgenerierung denken
und die postheroischen Künstler als diejenigen, die
Kulissen inszenieren, von denen sie hoffen, dass sie
'symbolträchtig' sind, so sind die Unterschiede zwischen
kontemplativer und aktivischer Partizipation nur gradueller
Natur. Es wäre ja auch ein Missverständnis zu glauben,
dass die POFs 'wirklich' getestet werden sollen: Sie
geben das Bild eines zu testenden Objekts ab
und es bleibt den Betrachtern überlassen, dieses Bild
selbst bevölkern zu wollen.
Hybert hat darauf
hingewiesen, dass die POFs für Verhaltensweisen stehen
sollen – als solche sind sie nie festgelegt und Erfindungen
sind sie in eben dem Maße, wie sie Verhaltensweisen
hervorbringen – die Tasse aus der ich Café trinke,
die mir aber auch als kleines Urinoir dienen kann. Wenn
der Schock der enttäuschten Hintergrunderwartungen
also überstanden ist und das Fremde probeweise in das
Alltagswissen integriert wird, könnte Humor der soziale
Kitt sein, mit dem dies zuwege gebracht wird. Die in
Verhaltensweisen aufgelösten Objekte werden verwandelt
in das, was sie nicht sind und wir lachen über ihre
Mutation. Aber hier bewegt sich Hybert ganz auf der
Linie der Situationisten, die ja die Methode des détournement
eben nicht als Parodie oder Komik verstanden wissen
wollten, sondern die "Gleichgültigkeit gegenüber einem
sinnentleerten und vergessenen Original ... und eine
gewisse Erhabenheit" auszudrücken wünschten.
Hybert verweigert diesen Weg der Ent-Fremdung auch und
beruft sich stattdessen darauf, dass seine POFs mit
einem 'Theoriemotor' arbeiten würden, der die objektivierende
Wahrnehmung als Design oder eben Komik zu verhindern
hätte.
Es empfiehlt sich,
die Intentionen des Künstlers bei der Analyse des sozialen
Gebrauchs der POFs nur als einen spezifischen Beitrag
bei der Konstruktion der Situation zu begreifen. Jede/jeder
nimmt auf seine Wiese an der Ausarbeitung und Fertigstellung
eines Werkes teil. Was aus Sicht der Soziologie eine
Voraussetzung solcherart Produktion darstellt, ist
die Möglichkeit der 'Transmutation', die Übertragung
von Qualitäten, der Glaube an die Materialisation geistiger
'Wesenheiten' und an die Spiritualisierung materieller
Objekte, eines der herausragenden Themen der Durkheimschen
Soziologie. Hybert führt diese Praxis symbolisch vor,
seine Objekte verwandeln sich in ein 'sinnlich übersinnliches
Ding' und wenn wir sie als 'breaching experiment' im
Sinne Garfinkels verstehen, so besteht der eigentliche
Wert dieser Installation darin, aus der Desorientierung
heraus eine Position der Selbstreflexivität zu ermöglichen,
die vergleichbar ist mit der des Ethnologen, der seine
Feldforschung als 'participant observation' anlegt,
der also seine eigenen Klassifikationen tendenziell
aufzugeben versucht und den Prozess des 'Othering' durch
größtmögliche Partizipation offen zu halten versucht.
In der älteren Tradition
der Kunstsoziologie von Arnold Hauser, Georg Lukacs
bis hin zu Frederic Antal wird die Interpretation von
Kunstwerken durch Verweis auf die 'materiellen Produktionsbedingungen'
vorgenommen. Dieses Modell der Übersetzung gilt als
überholt, weil die Analogiebildung zwischen Kunst und
Ökonomie etwas zu erklären vorgibt, welches nur durch
Annahme einer black-box nachvollziehbar wäre. Wenn Fabrice
Hybert nun aber die Welt der Ökonomie in seiner Arbeit
zitiert bis hin zur Gründung eines eigenen Unternehmens
zur Distribution und Entwicklung von POFs (UR = Unlimited
Responsibility),
so ist die Versuchung groß, dieses Sujet in den Kontext
der neoliberalen Ära des Kapitalismus zu stellen, die
in Deutschland mit der regierungsamtlichen Schaffung
sogenannter 'Ich-AG's' ihr karikaturhaftes Ende fand.
Zeigt uns Hybert den Idealmenschen der 'new economy'
der 90er Jahre, den kreativen, vorurteilsfreien 'neuen
Kleinbürger' (Bourdieu), der seinen kometenhaften ökonomischen
Aufstieg mit der Fähigkeit verband, immer neue 'Prototypen'
zu erfinden, um der Individualisierungshysterie im sozialen
Feld Nahrung zu liefern? Kann es aber auch sein, dass
Hybert gar nicht 'zeigen wollte, dass', sondern ein
ihm in die Hände gefallenes Material wie selbstverständlich
zum Ausgangspunkt seiner Arbeit gemacht hat? Es trifft
hier zu, was in der neueren Kunstsoziologie als 'Brechungseffekt'
thematisiert worden ist: Das Material muss sich der
sozialen Logik des Kunstfeldes fügen. Das Material für
die POFs mag man auf den Müllhalden der 'new economy'
finden; Hybert verwendet es, um seine Geschichte der
Fremderfahrung und Partizipation zu erzählen. Der außerirdische
Soziologe kann seinen Auftraggebern mitteilen, dass
die vordergründig dysfunktional wirkenden POFs, die
auf dem Planeten Erde den Eindruck vermitteln, als seien
sie womöglich von erdfremden Wesen installiert worden,
paradoxerweise, indem sie als 'Kunst' identifiziert
werden, wie andere Objektwelten auf dem Planeten Erde
auch mit einem spezifisch ausgeprägten Alltagswissen
– hier dem der 'Kunstwelt' – problemlos rezipierbar
sind. Wenn die POFs die gesicherte Einflusssphäre der
Kunst verlassen- wie dies mit 'Vivre en POF' ansatzweise
der Fall war – entsteht eine wissenssoziologische Laborsituation,
über die noch wenig bekannt ist.
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